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Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Biestow

Friese-Orgel

Die Kirchengemeinde ist glücklich, im Besitz dieser gut erhaltenen, wertvollen Orgel zu sein.

Im Jahr 2009 gab der Kirchengemeinderat bei Jan von Busch aus Rostock ein Gutachten in Auftrag, aus dem an dieser Stelle auszugsweise zitiert werdern soll:

"Die von Friedrich Friese (III) im Jahre 1870 erbaute Orgel ist eine mechanische Schleifladen-Orgel mit zwei Manualen und Pedal sowie 11 klingenden Stimmen. Der Erbauer Friedrich Friese (III) wird heute zu den qualitativ bedeutendsten und besten Orgelbauern seiner Zeit gezählt. Durch seine Studienjahre bei den damals bedeutendsten Orgelbauern Europas (Carl August Buchholz in Berlin und Aristide Cavaillé-Coll in Paris) konnte er die bestmögliche Ausbildung genießen und während der Regierungszeit von Friedrich Franz II. Mecklenburg mit qualitativ hochwertigen Orgeln beliefern. Die Biestower Orgel ist weitgehend original erhalten. Lediglich die Prospektpfeifen wurden nach ihrer kriegsbedingten Ablieferung des Jahres 1917 anschließend (vermutlich durch Christian Börger/Gehlsdorf) in minderwertigem Zink ersetzt. Zu einem früheren Zeitpunkt wurde das Register „Viola da Gamba" durch eine Aeoline 8’ in schlechter Qualität (vermutlich Carl Börger, Gehlsdorf) ersetzt. Dabei wurde das alte Registerschild beibehalten.

Vermutlich um 1900 wurde nicht nur die Aeoline eingesetzt, sondern eine pneumatische Zusatzschleife vor die Manualwindlade gesetzt, die Registerzahl auf somit 12 erhöht. Diese Maßnahme wurde nach 1990 im Zuge von Pflegemaßnahmen der Firma Kemper (Lübeck) wieder beseitigt. Das Rasterbänkchen, in welchem die Börger-Aeoline steht, ist aber noch original von Friese, die alten Bohrungen wurden für das neue, engere Register nur verkleinert. Dadurch ist es möglich, dieses verlorene Friese-Register völlig zweifelsfrei zu rekonstruieren.

Die Mechanik der Tontraktur ist stark ausgespielt. Mehrere Manualtastenbeläge haben tiefe benutzungsbedingte Gruben und Auskerbungen, müssen somit unbedingt erneuert werden. Desgleichen haben die Tasten seitliches Spiel.

Klang und Intonation der Orgel sind unverdorben, unverfälscht und in bester Qualität erhalten. Die Biestower Orgel kann daher neben der Walcker-Orgel in Heilig Geist als die bedeutendste Denkmalsorgel auf dem Gebiet der Hansestadt Rostock bezeichnet werden. Das Schwesterinstrument in Toitenwinkel ist erheblich schlechter und stärker verändert erhalten. Für die große Marienorgel kann nichts Vergleichbares gelten, weil ihr Bestand uneinheitlich und größtenteils aus neuerer Zeit (30er Jahre des 20.Jahrhunderts) stammt.

Bemerkenswert ist die Disposition besonders in der Hinsicht, dass beide Manuale im Originalzustand sehr ausgewogen sind. Das Salicional ist als Gemshorn gebaut, ein sehr schönes, bei Friese seltenes Register. Der Prinzipal 4’ ist als Geigenprincipal mit starkem obertonreichen Strich gefertigt. Dadurch haben beide Manuale eine klangliche Gleichberechtigung, die enorm interessantes Registrieren ermöglicht. Das registertechnisch gewichtigere 1.Manual erhält durch die Strahlkraft des Geigenprincipals im 2. Manual ein Gegengewicht.

Im Hinblick auf den Wert des Instrumentes ist in naher Zukunft eine Wiederherstellung des originalen Registers Viola da Gamba 8’ und der Ersatz der Prospektpfeifen in Zinn sowie eine Sanierung der Klaviaturen anzustreben. Der im Übrigen gepflegte Zustand der Orgel macht eine umfassende Restaurierung nicht notwendig. Zu achten ist auf evtl. Holzwurmbefall oder Verschleiß in der windführenden Anlage (Belederung der Bälge).

Eventuell im Besitz von Bewohnern befindliche alte Pfeifen müssen auf ihre Identität untersucht werden. Sollten sich darunter originale Friese-Pfeifen der Viola da Gamba befinden (was aber eher unwahrscheinlich ist), sollten diese in restaurierende Arbeiten einbezogen werden.

Das Instrument verdient eine deutlichere Stellung im Kulturleben der Hansestadt Rostock!

Die Bemühungen darum erfordern das vereinte Zusammenwirken der Kirchengemeinde mit Musikern und interessierten Menschen vor Ort. Der Umfang der finanziellen Erfordernisse ist überschaubar und könnte auch mit Einzelspendenaktionen (symbolischer Erwerb einer Orgelpfeife als Spende mit Namensgravur) gestützt werden."

(Jan von Busch, geb. 1966, studierte in Hamburg Schulmusik und ev. Theologie an der Universität und der Hochschule für Musik und Theater. Er schloss seine Ausbildung als Kirchenmusiker 1992 beim Hamburgischen Amt für Kirchenmusik ab. Nach dem Referendariat mit zweitem Staatsexamen in Lübeck 1996 Übersiedlung nach Schwerin. Neben der Lehrtätigkeit am dortigen Schliemann-Gymnasium ist Jan von Busch zunehmend in der Erfoschung der reichen mecklenburgischen Orgellandschaft tätig.)

Bei der Restaurierung des Instruments im Jahre 2012 durch Johann-Gottfried Schmidt (Rostock) wurden die Veränderungen der Register, die nicht von Friese stammen, wieder rückgängig gemacht. Damit hat die Orgel heute wieder die Disposition von 1870:

HAUPTWERK (I) C-d³
Principal          8 Fuss.
Bordun          16 Fuss.
Flöte               8 Fuss.
Gedact            8 Fuss.
Octave            4 Fuss.

OBERWERK (II) C-d³ (kein Schwellwerk)
Lieblich-Gedact 8 Fuss.
Salicional         8 Fuss.
Viola di Gamba 8 Fuss.
Principal           4 Fuss.

PEDAL C-c¹
Bassflöte 8 Fuss.
Subbass 16 Fuss.

NEBENZÜGE
Manualcoppel
Pedalcoppel
Calcant

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