Andachten und Gottesdienste zum Nachlesen und als Download
Musik und Wort zur Sterbestunde Jesu in Biestow, Karfreitag 2.4.2021
Musik: Dietrich Buxtehude (1637-1707),
„O Haupt, voll Blut und Wunden“
Begrüßung: Herzlich willkommen zur Andacht zur Sterbestunde Jesu am Karfreitag 2021 aus Biestow. Die Stunde ist gekommen. Ich sehe das Kreuz vor meinen Augen. Kreuz und Leid sind Teil unserer Welt.
Deshalb stimmen wir mit ein in das Gebet des 22. Psalms: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Weit entfernt ist meine Rettung. Ungehört verhallt mein Hilfeschrei. ‘Mein Gott’, so rufe ich am Tag, doch du gibst keine Antwort. Und so rufe ich in der Nacht, doch nur Schweigen umgibt mich.“ (Psalm 22,1–3).
Votum: Wir werden andächtig im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Musik: Johann Gottfried Walther (1684-1748), „Jesu Leiden, Pein und Tod“ Vers I
Lesung aus den Evangelien (Johannes und Matthäus): Da überantwortete er ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber, und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt (Ps 22,19): »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.« Das taten die Soldaten. Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. (Johannes 19,16-29)
Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus mit sich in das Prätorium und versammelten um ihn die ganze Kohorte und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an und flochten eine Dornenkrone und setzten sie auf sein Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüßt seist du, der Juden König!, und spien ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit auf sein Haupt. (Matthäus 27, 27-30) Amen
Musik: Johann Gottfried Walther, „Jesu Leiden, Pein und Tod“ Vers II
Predigt-Impuls
„Jesus mit der Dornenkrone“
Ghasem aus dem Iran hat dieses Bild auf einen tönernen Teller gemalt und es mir im vergangenen Jahr geschenkt.
Jesus trägt eine Krone. Es ist keine Krone wie Könige sie tragen, sie ist weder aus Gold noch ist sie mit kostbaren Steinen verziert. Eine Krone ist ein Zeichen der Macht. Aus Dornen gewunden ist sie aber eher das Gegenteil einer Ehrenbekun-dung. Spottend und verhöhnend haben sie Jesus diese Krone aufgesetzt und sie ihm tief in die Stirn gedrückt. Und doch betont sie seine besondere Stellung.
Ich bin froh, dass es keine weitere Farbe auf dem Bild gibt, keine roten Bluts-tropfen, keine Tränen, in denen sich die Umgebung spiegelt.
Schwarz und weiß in starkem Kontrast. Kraftvoll. Etwas grau dazwischen und außen wie von einem Strahlenkranz zusammengehalten. Wie ein Negativbild, das die dunklen Schatten nicht nur unter den Augen hell umrandet.
Schlafend scheint Jesus auf einem hell leuchtenden Untergrund zu ruhen, so als schwebte er. Ein Kopf ohne Körper, Gedanken ohne körperliche Schmerzen, gehalten im göttlichen Kreisrund.
Jesus scheint versunken und ganz bei sich zu sein, seine Augen sind geschlossen, hingebungsvoll und doch in sich gefangen.
Ganz nah kann ich ihn herantreten. Es ist als könnte ich seine Gesichtszüge mit den Fingern nachzeichnen.
Manchmal kann ich Leid auf Bildern kaum noch ertragen. Sie sind Realität, auch wenn ich sie nur aus der Ferne sehe. Bilder von hungernden Kindern, weinenden Müttern, verletzten Menschen lassen mich nicht mehr los.
Irgendwann konnten es auch die Freunde von Jesus nicht mehr hilflos mit ansehen und liefen weg. Ihre Seelen konnten es nicht mehr tragen.
Es hilft aber nicht, wenn ich meine Augen vor Schmerz und Leid verschließe. Wenn ich die Zeitung zuschlage und den Fernseher abschalte. Es ändert nichts. Hinsehen tut weh, wenn es nur beim Ansehen bleibt. Es kann aber helfen, wenn ich einem Menschen beistehe.
Vielleicht kann ich für einen Menschen das Leben etwas leichter machen. Für ein Kind, einen Älteren, eine Nachbarin, einen Fremden. Eine Hinwendung zu einem anderen, und schon ist zu spüren, du bist nicht allein. Was ihr diesem einen Menschen Gutes getan habt, sagt Jesus, das habt ihr mir getan. Manchmal genügen einige Worte, ausgesprochen von jemandem, der mitfühlt. Dann wird geteiltes Leid halbiert und ist erträglicher. Unsere Seele wird leichter, wenn sie hilft.
Die Dornenkrone steht für die körperlichen Schmerzen, die Jesus ertragen musste. Sie führt uns aber auch die Ohnmacht vor Augen, mit der Gottes Sohn Willkür und Spott ausgeliefert ist. Niemand ist bei ihm, der ihm beisteht, niemand, der ihm hilft, ihn verteidigt, ihn tröstet. Alle seine Freunde haben ihn verlassen. Er ist völlig allein. Am Ende fühlt er nicht einmal mehr Gottes Nähe. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ lauten seine letzten Worte am Kreuz im ältesten Evangelium von Matthäus. Der König der Welt stirbt am Kreuz mit einer Dornenkrone auf seinem Haupt. Und Gott greift nicht ein.
Manchmal wünschte ich mir einen Gott mit leuchtend goldener Krone, der Leiden beendet, noch ehe sie quälend und unerträglich werden. Es fällt mir schwer, anzunehmen, dass Gott am Karfreitag einen anderen Weg wählt.
Seine Herrschaft stützt sich nicht auf Macht und Gewalt wie die anderer Könige. In seinem Sohn, Jesus Christus, steigt Gott von seinem Thron herunter. Er wird ein Mensch wie wir und leidet, woran wir leiden. Ja, mehr noch: Er nimmt unser Leid, unsere Mühsal auf sich, für das die Dornen ein Sinnbild sind. Mit der Dornenkrone lädt Jesus sich alles Dunkle auf sein Haupt.
Das ist der Trost des Karfreitags. Gott erspart uns das Leid nicht, aber er hilft uns, es zu tragen, er begleitet uns durch schwere Zeiten hindurch. Am Ende wird es gut werden, verspricht Gott. Karfreitag ist nicht das Ende.
Der Weg geht weiter in Richtung Ostern. Dann wird Gott seine Macht erweisen, die stärker ist als alles Leid, sogar stärker als der Tod. Der Gekreuzigte begegnet uns wieder als der Auferstandene und trägt statt der Dornenkrone die Krone des Lebens.
Ghasem hat eigenen Schmerz in dieses Bild hineingemalt. Seine dunklen Haare haben sich an manchen Stellen vor Trauer und Sorge auch schon entfärbt, sind grau und blass geworden.
Aber indem dieser junge Mann dieses Bild malte, konnte er seine Gefühle ausdrücken, Schmerzen und Verluste, aber es schwingen auch Hoffnung und tiefes Vertrauen darin.
Es ist Karfreitag. Und dennoch dürfen wir gewiss sein: Es wird gut werden, weil Gott uns durch die schweren Zeiten trägt und begleitet.
Wenn ich mir die Dornenkrone genauer ansehe, dann finde ich es beinahe schade, dass es keine weitere Farbe gibt, denn ich könnte grüne Blätter sehen, Ranken, die neben kleinen Dornen wachsen. Sie verwandeln den Schmerz der Dornen in die Krone des Lebens.
Amen
Musik: Jean Adam Guilain (1. Hälfte 18. Jh.), Tierce en Taille
Gebet: Gott, du zeigst in Jesus Christus, dass du an unserer Seite bleibst. Du gehst mit uns bis ins schmerzlichste Leiden. Das Kreuz bleibt nicht dein letztes Wort. Lass uns in aller Dunkelheit und Unsicherheit dein Dabeisein spüren und darauf vertrauen. Wir bitten um dein Erbarmen. Vater Unser
Segen: Gott segne Dich und behüte dich! Gott lasse leuchten sein Angesicht auf Dich und sei Dir gnädig! Gott erhebe sein Angesicht auf Dich und gebe Dir Frieden! Amen
Musik: Johann Gottfried Walther, „O Haupt, voll Blut und Wunden“
Am 2.4. ab 15 auf der homepage www.kirche-biestow.de
Mitwirkende: Wolfram Hausberg (Orgel), Vikar Tobias Lorenz (Liturgie), Gemeindepädagogin Barbara Brede (Lesung und Aufnahmen), Pastorin Asja Garling (Predigt-Impuls), Martin Brede (Schnitt)
14.02.2021, Sonntag Estomihi

Bild:Marei Schweitzer, Gottesdienst-Institut
Begrüßung: Der heutige Sonntag heißt „Estomihi“. Es ist der letzte bevor die Passionszeit beginnt. Der Sonntagsname bedeutet aus dem Lateinischen übersetzt: Sei mir ein starker Fels. Das brauchen wir gerade unbedingt, ein sicheres Fundament, jemanden, auf den wir uns verlassen können, der uns Sicherheit gibt.
Zugleich ist heute auch Valentinstag, ein Tag der Liebenden, an dem man dankbar für seine nächsten Menschen ist und froh, miteinander vertrauensvoll zu leben.
Wir feiern diese Andacht im Namen Gottes, er ist die Liebe, die uns trägt. Im Namen Jesu, der Hoffnung, die in allen Schwierigkeiten lebendig bleibt. Und im Namen des Heiligen Geistes, der Kraft, die uns immer wieder nahe sein will, die uns stärkt und ermutigt. Amen
Psalm 31, 2-6 In Gottes Händen geborgen
Gott, auf dich traue ich, lass mich nimmermehr zuschanden werden, errette mich durch deine Gerechtigkeit! Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen. Du bist meine Stärke. Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte, dass du mein Elend ansiehst und kennst die Not meiner Seele und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes; du stellst meine Füße auf weiten Raum. Meine Zeit steht in deinen Händen. Lass leuchten dein Antlitz über mir und hilf mir durch deine Güte! In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott. Amen
Tagesgebet: Gott, ich bin hier und möchte von dir hören. Alles, was mich belastet, Sorgen und Fragen, Angst und Ungeduld lege ich in deine Hand. Komm mit deinem Heiligen Geist zu mir, stärke und ermutige mich. Schenke mir Geduld und Zuversicht. Amen.
Musik: Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer (Lied bei youtube)
Epistel: Die Brieflesung ist aus dem Hohenlied der Liebe und steht im 1. Korintherbrief Kapitel 13, in den Versen 1-13
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze. Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Predigt
Liebe Gemeinde!
Wer liegt Ihnen ganz besonders am Herzen? Es ist gut, auch einmal auszusprechen, für wessen Zuneigung Sie dankbar sind und wen Sie von Herzen lieben, und das ganz besonders am Valentinstag. Es gibt die Tradition dieses Tages bei uns noch nicht lange, doch der Gedenktag des Heiligen Valentin ist schon alt. Bischof Valentin hat im 3. Jahrhundert im italienischen Terni gelebt. Er hatte ein großes Herz für Liebende und traute heimlich diejenigen, die aufgrund ihrer Stellung als Sklaven oder wegen ihres jungen Alters nicht heiraten durften.
Paulus stimmt im 1. Korintherbrief sein „Hohes Lied der Liebe“ an und singt davon, wie wichtig die Liebe ist. Sie ist eine Basis, auf der alles andere wachsen kann. Er zählt in ausdrucksstarken Sätzen auf, was Liebe vermag, was sie entzündet, was sie erträgt und das in vielfachen Wiederholungen. Fast scheint es, als hätte man einen etwas übertriebenen Liebesbrief vor sich. Kann es solche Liebe überhaupt geben? Liebe, die alles trägt, alles glaubt, alles hofft und allem standhält? Wenn dieser Text ein Merkblatt sein würde, auf dem ich ankreuzen könnte, ob es sich um wahre Liebe handelt, dann würde wohl kaum eine Beziehung standhalten. Es klingt wie ein Idealbild der Liebe, in der es nur Vertrauen und Zuneigung und gar keine Eifersucht gibt. Ist das nicht zu schön, um wahr zu sein? Gibt es das überhaupt? Zeigen unsere Erfahrungen nicht eher ein anderes Bild?
Sicher, die Liebe zwischen Menschen ist anfangs oft rosarot, sie beflügelt und beschwingt, aber es gilt in ihr auch einiges auszuhalten und zu tragen.
Schauen Sie sich die Zeichnung an, auf der ein Paar im Rhythmus eines Herzens schwungvoll tanzt. Mit geschlossenen Augen, vielleicht nach ihrer inneren Melodie, bewegen sie sich, als hätten sie nie etwas anders gemacht. Sie treten sich dabei nicht auf die Füße, es gibt keine lastenden Sorgen, alles ist leicht und schwebend. So wie die Haare der Frau fliegen oder der Mond, der vom Himmel aus das passende Licht spendet, sanft und mild. Diese beiden Menschen nehmen sich in den Arm und halten einander. Das einzig Farbige auf dem Bild ist ein rotes Herz, das sie miteinander verbindet. Es pulsiert und leuchtet warm. Auch wenn es nur klein ist, zieht es doch die Aufmerksamkeit auf sich, ist sozusagen die Mitte. Es weist auf die Worte des Korintherbriefes: „Die Liebe ist die größte unter ihnen.“
Reißt Ihnen niemals der Geduldsfaden? Suche ich nicht doch auch mal meinen eigenen Vorteil? Es gibt doch genügend, was einen verbittern kann. Böses nicht zuzurechnen, ist wohl eine Lebensaufgabe, an der man immer wieder scheitern kann.
In dem Lied „Kleine Ermutigung“ von Wolf Biermanns heißt es: „Du, lass dich nicht verhärten in dieser harten Zeit“. Das höre ich in der jetzigen Situation noch einmal ganz neu. Was ermutigt uns zur Liebe?
Gott weiß, wie schwer es die Liebe hat. Und wie sich die Menschen danach sehnen, aber auch daran scheitern. Dass sich manchmal Lieblosigkeit ausbreitet, ohne dass man es will. Dass sogar Geschäfte mit der Liebe betrieben werden und manchmal sogar Gewalt im Spiel ist. Nicht auszudenken, wenn wir Menschen die Liebe verlieren würden. Theorien, Philosophien oder praktische Anleitungen über die Liebe waren nicht ausreichend. Es brauchte einen, der vorlebt, was Liebe ist, damit Menschen erleben, dass es möglich ist, dass die Liebe dem Leben standhalten kann. Dass Böswilligkeit und Boshaftigkeit nicht das letzte Wort haben werden. Dass die Liebe nicht auszulöschen ist.
Gott hat uns keine Gebrauchsanweisung vorgelegt, er hat uns seinen Sohn gesandt. Ein Kind wurde geboren. Ein neues Leben kam auf die Welt. Es erzählte nicht nur von Liebe, sondern lebte Liebe und war selbst Liebe. Das ist nicht abstrakt, sondern ganz konkret. Liebe, die sich bewährte in der Auseinandersetzung mit Menschen, die im Irrtum waren. Liebe, die Grenzen zu denen hin überschritt, die viele nicht für liebenswert hielten. Als diese Liebe in Jesus an ihr bitteres Ende gekommen war, erweckte Gott Jesus vom Tod und damit die Liebe zum Leben, zum ewigen Leben. „Die Liebe hört niemals auf…“ ist die Botschaft Jesu.
Das lässt sich ganz wörtlich nehmen. So hat es der Heilige Valentin versucht, indem er da war für Menschen, deren Liebe angeblich unter keinem guten Stern stand, weil die Umstände dagegen waren. Er hat ihnen – der Legende nach – dennoch den Segen Gottes gegeben. Anschließend ist Valentin in den Klostergarten gegangen und hat dem frisch vermählten Paar eine Blume mit auf ihren Weg gegeben. Dann war es für die beiden wie für die Tanzenden auf der Karte: Alles Belastende, Sorgenvolle zählte in dem Augenblick nicht mehr. Ihre Liebe blühte und konnte Früchte tragen. Es war wie ein Tanz in den Himmel hinein. Ein Schweben jenseits von allem, was einen nach unten ziehen mag. Alles wird leicht. Auch wenn sie die Augen geschlossen haben, hat Gott sie spüren lassen, dass die Liebe unauslöschlich und ewig sein kann, belastbar für den Alltag, offen für andere, weil Liebe von sich absehen kann und nicht nur den eigenen Vorteil sucht.
Dass kann in Menschen den Glauben wecken, der ihnen festen Boden unter die Füße gibt und zugleich eine Hoffnung, die ihnen Flügel verleiht. Sie können es spüren, wie die Liebe wächst und großartig ist.
Der Apostel Paulus weiß, dass Liebe das größte ist, weil Gott die Liebe ist. Deshalb hört die Liebe auch niemals auf. Darauf verlässt sich der Apostel. Und so schwärmt er und träumt von der Liebe. Er wird nicht müde, diese Worte in uns wach zu halten: Nun aber bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Schauen wir am heutigen Valentinstag durch farbige Blumen und schützende Masken hindurch einander an und entdecken, wo Liebe farbig leuchtet und wo sie dringend benötigt wird.
Dann tanzen unsere Füße und Herzen nach der Melodie Gottes. Er ist der Liebende alles Lebens, der Grund und die Hoffnung unserer Liebe.
Und diese Liebe Gottes ist höher und leichter als alle tiefe Last. Sie bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, Amen.
Lied: Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer
(Lied bei youtube)
Credo: Gemeinsam bekennen wir unseren christlichen Glauben. Wir tun es mit Worten des Theologen Dietrich Bonhoeffer.
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist,
sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet. Amen
Kollektenankündigung: Die heutige Kollekte wird zur Hälfte für den Sprengel Mecklenburg und Pommern und zur anderen Hälfte für unsere Baukasse gesammelt.
Sprengelkollekte wird für ein Projekt des Zentrums für Ökumene und Mission gesammelt: „Schulen in Palästina: Umweltbewusstsein stärken“
Wasser ist ein großes Thema im Nahen Osten - auch in der Bildungsarbeit. Das Umweltzentrum der Kirche in Beit Jala organisiert für die Schulen in Palästina Umweltunterricht, damit schon Kinder den sparsamen Umgang mit den Ressourcen lernen. Wasser ist in Palästina eine kostbare Ressource und ungerecht verteilt.
Hinzu kommt, dass Wasser verschwendet wird und Abwasser oft nicht ausreichend gereinigt wird. Daher stehen in der Schularbeit der palästinensischen Partnerkirche Umwelterziehung und ein schöpfungsgerechter Umgang mit Natur und Umwelt ganz oben auf dem Lehrplan.
Es geht dabei um den sparsamen Umgang mit Wasser und Energie, Recycling von Abfall, Luftreinhaltung, Artenvielfalt und vieles mehr.
Neben dem Schulunterricht veranstaltet das kirchliche Umweltzentrum Sommercamps, Forschungsprojekte, Fortbildungen und viele weitere Programme, die das Bewusstsein für die Umwelt fördern sollen.
Mit Ihrer Spende wird das Umweltzentrum sowie weitere Projekte der Bildungsarbeit der palästinensischen Kirche sinnvoll unterstützt.
Lied: Ubi caritas et amor, ubi caritas, Deus ibi est.
Übersetzung: Wo die Liebe und Güte wohnt, da ist Gott.
(Lied bei youtube)
Fürbitte
Treuer Gott, vieles von dem, was auf der Welt geschieht, verstehen wir nicht, uns bleiben Hintergründe verborgen. Wir suchen oftmals nach Gründen und Ursachen und sind enttäuscht, ohnmächtig und verzweifelt, wenn wir keine Einflussmöglichkeit haben. Dennoch bist du uns ein sicherer Fels, eine schützende Burg. Du zeigst uns Wege, wie wir unser Leben neu und verantwortlich gestalten können und was uns ermutigt, unseren Weg zu gehen.
Lebendiger Gott, wir danken für die Vielfalt unserer Beziehungen. Durch gegenseitiges Geben und Nehmen werden sie reich und lebendig.
Wir bitten dich, dass alle Menschen ihre Fähigkeiten entfalten können, so dass es das gemeinsame Leben bereichert.
Wir danken für schöne Stunden und für durchlebte Krisen, die uns reifen lassen.
Für Stunden der Einsamkeit oder der Enttäuschung bitten wir, dass wir aufeinander zugehen, uns tragen und zueinander halten.
Wir danken für die Menschen, die unser Leben liebevoll begleiten, für Partnerinnen und Partner, für Kinder, Eltern, Verwandte und Freunde.
Wir bitten dich für alle Beziehungen, sie schenken uns Mut, Trost und Zuversicht. Danke, dass du, Gott, uns auf allen Wegen begleitest.
Wir vertrauen dir unsere Bitten an und danken dir für alles, was wir empfangen. In der Stille beten wir für das, was uns persönlich am Herzen liegt, S T I L L E
Amen.
Segen: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir + Frieden. Amen
7. Februar 2021
Der heutige Sonntag heißt Sexagesimae, was übersetzt bedeutet, dass es jetzt noch etwa 60 Tage bis Ostern sind. Das Thema dieses Sonntags ist „Gottes Wort“.
Liebe Gemeinde,
draußen liegt noch Schnee, und die Temperaturen unter Null sorgen dafür, mich wollig warm anzuziehen, wenn ich rausgehe. Dennoch ist schon ein Duft nach Frühling in der Luft zu spüren. Vor einigen Tagen habe ich voller Freude die ersten Winterlinge entdeckt. So klein sie auch sind, sie leuchten sonnig und verheißungsvoll.
Es kribbelt mir schon in den Fingerspitzen, denn bald geht es los mit der Aussaat im Garten. Manche Gartenspezialisten holen schon Blumentöpfe aus dem Keller und überlegen mit Vorfreude, was auf ihrem Balkon oder der Terrasse wachsen und gedeihen könnte und sortieren Samen für Blumen, Kräuter und Gemüse...
Sie planen: Was kommt wann und wo in die Erde? Was gibt es dabei zu beachten? Aber noch brauchen wir Geduld allenthalben.
In der Bibel sind Samen ein passendes symbolträchtiges Bild für Gottes Wort. Der Prophet Jesaja ist sich sicher, dass jedes Wort, das Gott zu den Menschen spricht, Frucht bringen wird.
Die kleinen, scheinbar vertrockneten Körnchen brauchen Licht und Sonne, Regen und Schnee, um wachsen und sich entfalten zu können. Wie ist das bei den göttlichen Samenworten?
Jesus erzählt davon im Gleichnis vom Sämann im Evangelium des Lukas 8, 4-15. Lesen Sie gern die Geschichte hier nach.
Der Sämann ist sehr großzügig beim Verstreuen der Samen.
Nur ein Viertel fällt dorthin, wo der Samen Frucht bringen kann.
Geht er nicht zu verschwenderisch mit dem kostbaren Saatgut um?
Meine Großmutter zeigte mir als Kind, wie ich Radieschensamen mit etwas Erde mischen sollte, und dann Körnchen für Körnchen in die dafür vorgesehene Reihe fallen lassen konnte. So reichten wenige Samen für mehrere lange Reihen. Später würden die Pflanzen nicht zu dicht aufgehen und genügend Platz zum Entfalten haben.
Wenn Jesus Gottes Wort unter die Menschen bringt, ist er dabei nicht knauserig. Er predigt großzügig all denen, die ihm zuhören. Dabei weiß er nie, ob die Worte bei den Menschen auf guten Boden fallen und später Frucht bringen oder ob es wieder vergebliche Liebesmühe sein wird.
In der Auseinandersetzung mit religiösen und politischen Obrigkeiten seiner Zeit waren die Freunde von Jesus unter dem Kreuz auf eine Handvoll Menschen zusammengeschrumpft. Wie gut, dass er nicht nach ökonomischen Kriterien oder nach scheinbaren Vernunftgründen handelte.
Auch wenn es nach Verschwendung aussehen mag, ist es doch nicht ziellos, wenn Gottes Wort immer wieder aufs Neue ausgestreut wird.
Auch wenn es nicht so aussieht, vieles wächst doch. Selbst wenn seine Worte auf steinigen Boden oder unter die Dornen fallen und verkümmern. Jesus gibt die Hoffnung nicht auf. Bei den Zuhörenden damals nicht und bei uns heute nicht.
An einen, der gesät hat, möchte ich erinnern. Er ist in der vergangenen Woche gestorben. Es ist der Brite Tom Moore oder „Captain Tom“, so wurde er genannt. 100 Jahre alt ist er geworden.
Auf ganz eigene Weise hat er hundertfache Frucht gebracht. Mit seinem Rollator ist er losgelaufen und hat 100 Runden auf seinem Hof gedreht. Dieser Spendenlauf erbrachte für den nationalen Gesundheitsdienst NHS etwa 37 Millionen Euro. 100 x im Kreis gehen ist für ihn eine besondere Leistung gewesen. Er hat nicht gesagt: Was kann ich in meinem Alter schon noch bewegen? Was kann ich einzelner alter Mann gegen eine Pandemie tun?
Wie gut, dass er sich dennoch auf den Weg gemacht hat, mit kleinen Schritten, in seinem Umfeld, mit seinen begrenzten Möglichkeiten.
Viele Menschen waren berührt von seiner Aktion und haben Geld gespendet, das zur Bekämpfung des Virus eingesetzt wurde.
Er hat das gemacht, was er noch konnte. Mit seinem Rollator hundert Runden drehen. Mehr braucht es nicht. Wir verfügen alle über unser individuelles Saatgut.
Wir haben unsere Möglichkeiten etwas zu tun, was wir jeweils können. Es gibt kein zu wenig, zu unwichtig, zu schwach, zu unspektakulär, auch wenn die Aussicht auf Erfolg, auf reiche Frucht, sehr gering ist. Auch wenn manche Blüte winzig aussieht. Sie ermutigt, erfreut, bestärkt.
Jede und jeder kann Frucht bringen. Das ist keine Frage des Alters oder der Gesundheit, der Herkunft, der Intelligenz oder der Macht. Es ist eine Frage des Herzens. Wir tun, was wir können, auch wenn wir dabei nicht von Kameras gefilmt werden, auch wenn niemand klatscht und uns besonders lobt. Gottes Wort ist wirksam, lassen wir es in uns aufgehen und wachsen.
Wir säen nicht nur im März, wir säen in unserem Alltag und immer wieder aufs Neue.
Dabei will ich nicht aufgeben, auch jetzt nicht in dieser Zeit, die uns an unsere Grenzen bringt und manchmal verzagen lässt. Auch wenn ich das, was ich an Früchten wahrnehme, zurzeit kaum ausreichend finde.
Im Internet habe ich bei einer jungen kreativen Frau Samentütchen entdeckt <download hier>, die sie gestaltet hat und die man übernehmen und nachbasteln kann. Darauf steht „Wenn ich groß bin, werde ich ...“
Ich überlege mir, welche Samen ich jetzt schon ausstreuen kann.
Was schreibe ich auf die Samentütchen, die vor mir liegen?
„Wenn ich groß bin, werde ich ... ein frohes Lachen“
„Wenn ich groß bin, werde ich ... eine Freude.“
„Wenn ich groß bin, werde ich ... ein lang ersehnter Besuch.“
„Wenn ich groß bin, werde ich ... eine tröstliche Umarmung.“
„Wenn ich groß bin, werde ich ... eine bunte Überraschung.“
Ich lade Sie ein, zu überlegen, was Sie für Samen verstreuen können.
In unserem Tun geht Gottes Wort auf, es gedeiht, blüht und trägt vielfache Früchte. Diese Zuversicht hat Jesus in uns gepflanzt.
Amen
Asja Garling
Die heutige landesweite Kollekte geht an ein Projekt im Bereich Bildung und Unterricht, vorgeschlagen von der Kammer für Dienste und Werke der Nordkirche.
Gern können Sie Ihre Gabe auf unser Gemeinde-Konto überweisen: OSPA Rostock IBAN: DE 88 130 50000 0201009056 Betreff: Kollekte 7.2.2021
Aktion zur Andacht am 31.1.2021
In der Geschichte spielt ein bestimmter Gegenstand eine wichtige Rolle. Wisst ihr noch, welcher das war? Habt ihr diesen Gegenstand in der Nähe? Er muss nicht rot sein.
1) Dann könnt ihr damit Tauziehen.
Wer gewinnt, wenn du den stärksten Mitspieler auf deiner Seite hast? So fühlt sich das Volk Israel.
Wer nicht so viele Mitspieler zur Verfügung hat, kann auf dem Seil balancieren. Kommst du allein bis ans Ziel, ohne mit einem Fuß seitlich aufzukommen? Sonst lass dir helfen!
2) Und wenn kein Seil zur Verfügung steht, kannst du mit einem (Woll-)Faden – vielleicht mit dem aus der Geschichte - ein spannendes Bild gestalten.
Dazu brauchst du außerdem: ein Blatt Papier, Wasserfarben, einen Pinsel, einen Becher Wasser, eine Unterlage. Und so geht es:
https://kidsweb.wien/malen/maltechniken/fadentechnik
Kannst du den Verlauf des Fadens noch nachfahren?
So ähnlich stelle ich mir die Wanderung des Volks Israel durch die Wüste vor. Lang und unübersichtlich. Da brauchten sie viel Geduld. Deshalb haben sie sich auch so über Rahabs Hilfe gefreut. Und auch wir wissen nicht, wie unser Lebensweg verlaufen wird. Aber wir vertrauen darauf, dass Gott uns immer begleiten wird.
Sonntag, 24. Januar 2021, 3. Sonntag nach Epiphanias

Bild: Gerhard Schneider
Liebe Gemeinde!
Vor wenigen Tagen ist erstmals eine Frau als Vizepräsidentin in Amerika vereidigt worden. Neben dem neu gewählten Präsidenten Joe Biden hat nun Kamala Harris das zweithöchste Amt im Staat übernommen.
Sie hat afroamerikanische und asiatische Wurzeln, weshalb sich besonders Frauen und „people of color“ gut durch sie vertreten fühlen. Da sie selbst schon Rassismus erlitten hat, ist sie bei diesem Thema besonders sensibilisiert. Weltweit ist es noch immer keineswegs selbstverständlich, dass eine Frau ein hohes Amt innehat. Dabei gab es schon in der Geschichte Frauen, die ihre Position erfolgreich erfüllt haben. Gerade auch aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen haben sie ein Gespür dafür, wo Unterstützung dringlich ist, Vorurteile beseitigt werden müssen und Änderungen nötig sind.
Auch wenn man von Gleichberechtigung spricht, werden von Frauen noch immer höhere Leistungen als von Männern erwartet, um in gleicher Weise anerkannt und bestätigt zu werden. Ich bin sehr jedenfalls sehr gespannt, wie Kamala Harris als Vizepräsidentin agieren wird und vermute, sie wird kompetent, entschieden und zugleich freundlich sein.
Es ist auch in unserer Zeit noch immer die Meinung zu hören, dass die Frau dem Mann untergeordnet sei. Dafür wird begründend u.a. die Schöpfungsgeschichte bemüht und manche Aussagen von Paulus.
In der Bibel gibt es jedoch auch Frauen, die stark gewesen sind, die mutig und entschlossen gehandelt haben und damit keineswegs Vorurteilen entsprochen haben.
Die biblische Geschichte, die für den heutigen Sonntag vorgesehen ist, erzählt von Ruth und ihrer Schwiegermutter Noomi, einer Israelitin, ebenso zwei mutige Frauen.
Sie können an dieser Stelle unterbrechen und die biblische Geschichte lesen. Sie steht bei Ruth im 1. Kapitel in den Versen 1-19 >>hier<<
Ruth war die Schwiegertochter von Noomi, einer Israelitin. Diese war mit Elimelech verheiratet, das Paar stammte aus Bethlehem. Sie mussten mit ihren beiden Söhnen Machlon und Kiljon auswandern und lebten „als Fremdlinge“ im Lande Moab, einem Nachbarland von Israel. Anfangs war das kein Problem: Die Söhne von Noomi und Elimelech heirateten Frauen aus Moab, Orpa hieß die eine, Ruth die andere. Elimelech starb sehr früh und Noomi wurde Witwe, und nach zehn Jahren starben auch ihre beiden Söhne. So waren nun diese drei Frauen alle Witwen. Noomi beschloss, in ihre Heimat Bethlehem zurückzukehren. Der Grund war wohl, dass die Versorgung von Witwen und Waisen damals noch sehr stark an die Familie gebunden war. Deswegen wollte Noomi, dass ihre moabitischen Schwiegertöchter in Moab bleiben sollten, weil sie in Israel nicht für sie sorgen konnte. Beide Schwiegertöchter wollten lieber mit Noomi mitgehen. Orpa ließ sich überzeugen und kehrte zurück. Aber Ruth war entschlossen, bei ihrer Schwiegermutter zu bleiben. Sie spricht starke Worte, die ihre Entschlossenheit deutlich machen: „Bedränge mich nicht, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“
Ruth entschied sich so, obwohl sie wusste, dass es schwierig werden wird, als Fremde und als Witwe in Israel zu leben. Die Treue zu ihrer Schwiegermutter und ihr Vertrauen auf Gott waren stärker als alle Bedenken. Sie war bereit, mit zu gehen und dafür vieles aufzugeben. Die persönliche, menschliche Bindung war für sie wichtiger als die Bindungen an ihre Herkunft.
So zogen beide nach Bethlehem in Noomis Heimat. Dort gerieten sie in Armut. Ruth musste für ihren Lebensunterhalt Ähren sammeln. Viel wird es nie gewesen sein. Das tat sie auf einem Feld, das Boas gehörte, einem entfernten Verwandten von Elimelech. Als er sie das erste Mal gesehen hatte und ihre Geschichte gehört hatte, versprach er ihr seinen persönlichen Schutz und wies seine Leute an, sie gut zu behandeln.
Nun wurde auch Noomi aktiv. Sie gab Ruth den Rat, dass sie sich besonders „hübsch machen“ und am Abend auf Boas warten solle. Ruth sollte ihn auf sich aufmerksam machen und ihn verführen.
Boas war ein „Löser“, das bedeutete, dass sich nahe Verwandte um Witwen in ihrer Familie kümmern mussten, gegebenenfalls sogar heiraten, um sie aus ihrer schlimmen Situation zu lösen. Üblicherweise wurde so etwas zwischen Männern, meist den Vätern ausgehandelt. Hier handelten Noomi und Ruth gegen Konventionen und Regeln, um ihr Ziel zu erreichen zu überleben.
Und es gelang: Als sich Boas abends, müde von der Arbeit des Korndreschens, ausruhte, legte sich Ruth zu seinen Füßen. Als er am nächsten Morgen aufwachte, sah er nah bei sich eine Frau und wollte sie heiraten. Es gab dann noch einige Schwierigkeiten, aber am Ende waren Boas und Ruth verheiratet und die beiden Frauen versorgt.
Dass Ruth eine Ausländerin und noch dazu eine Witwe war, das spielte keine Rolle mehr. Ruth wurde auf diese Weise zur Stammmutter von Jesus. Denn Boas und sie bekamen einen Sohn namens Isai. Und der bekam später auch einen Sohn: David, den künftigen König von Israel und Ahnherr Jesu. Deswegen musste Josef später, bei der bekannten Volkszählung, nach Bethlehem.
Wir hören erstaunlicherweise in dieser Geschichte nichts davon, dass Gott handelt, eingreift oder jemanden beauftragt. Ruth allein entscheidet und handelt so, weil sie auf Gott vertraut. Ihr Glaube macht sie stark, ihren Weg zu gehen, zusammen mit der Schwiegermutter und gegen herrschende Regeln. Auch wenn es kein geradliniger, einfacher Weg ist, so ist er doch ermutigend, besonders für Frauen.
Dass Kamala Harris ein so hohes Staatsamt übernehmen konnte, das ist ein guter Schritt hin zu einer Welt, in der es keine Rolle mehr spielen wird, welches Geschlecht ein Mensch hat oder zu welcher Familie er gehört, welche Beziehungen er hat oder das meiste Geld, sondern welche Fähigkeiten er dafür mitbringt.
Ruth glaubte an Gott, sie war mutig und unerschrocken und ein bisschen raffiniert. Und sie hatte die volle Unterstützung ihrer Schwiegermutter.
Gott geht gewundene Wege mit uns, er ist Wegbegleiter und ebnet den Weg. Vielleicht fällt Ihnen jemand ein, den Sie solidarisch unterstützen können, in schwesterlicher oder schwiegermütterlicher Weise, ganz gleich, auf jeden Fall menschlich.
Ich hoffe, dass gerade auch in der jetzigen herausfordernden Situation auf unseren Wegen Segen liegt und Frauen überall in der Welt ihren Weg gehen können. Mit Glauben, Mut, Unerschrockenheit und einer großzügigen Portion Geschick.
Amen.
Die Kollekte des Gottesdienstes am 3. Sonntag nach Epiphanias ist für die Orgelsanierung gedacht. Gern können Sie Ihre Gabe auf unser Gemeinde-Konto überweisen:
OSPA Rostock
IBAN: DE 88 130 50000 0201009056
Predigt zum 10. Januar 2020 - der 1. Sonntag nach Epiphanias
>>> hier die gesprochene Version als Audiodatei
Bild: Romanisches Kapitell "Traum der Könige", Meister Gislebertus, Kathedrale von Autun (Burgund), Frankreich, 1220
Ein Fingerzeig der Hoffnung
Drei Könige liegen unter einer kostbar verzierten Decke. Sie ruhen aus von dem, was sie erlebt haben. Wie Vögel, die in bitterer Winterkälte Wärme und Nähe suchen, sind sie dicht beieinander. Eine lange, anstren-gende Reise hat sie in tiefen Schlaf sinken lassen. Ihre würdevoll gekrönten Häupter haben sie auf ein gemeinsames Kissen gebettet.
Ihre königliche Verantwortung tragen sie auch in der Nacht.
Am kommenden Tage sollen sie zu König Herodes zurückkehren. Er hatte sie ausgesandt, damit sie das Kind ausfindig machen, das ihm als neuer Herrscher angekündigt wurde. Sie hatten den Auftrag, es anzubeten und ihm anschließend mitzuteilen, wo dieser neue Konkur-rent zu finden sei. Damit hat er sie beauftragt. Herodes war ein gewiefter Taktiker der Macht mit einer klar nachvollziehbaren Logik: Ein neuer König – das ist einer zuviel. Aber er macht sich nicht selbst auf die Suche und sich nicht die Hände schmutzig. Er schickt andere los.
Noch aber ruhen sie aus, die drei Weisen, sammeln Kräfte für das Kommende, eingehüllt in eine Decke.
Während sie schlafen und träumen, kommt in unendlicher Sanftheit ein Engel. Behutsam und leise weckt er den König, der ihm am nächsten ist. Mit einem Finger berührt er die einzige freie Hand des Königs. Dieser erwacht. Die zarte Geste öffnet dem Träumer die Augen, er bewegt sich, um gleich aufzustehen. Der Engel weist mit seiner linken Hand auf den Stern am Himmel, und lädt den König ein, seine Blickrichtung zu ändern. Ohne diesen Hinweis hätte er wohl nicht aufgesehen zum Stern, der wie eine nächtliche Himmelsblume leuchtet. Der Stern ist Symbol und Orientierungspunkt für ihr eigentliches Ziel. Zum Kind im Stall hat er die königlichen Männer geleitet. Er leuchtet ihnen weiterhin, damit sie wieder ostwärts ziehen „auf einem anderen Weg heim in ihr Land“ zurück in ihren Alltag. Er zeigt ihnen einen rettenden Umweg und beleuchtet den Weg nach Hause, der keinen Halt bei Herodes vorsieht.
Auf diese Weise vermittelt der Engel zwischen Himmel und Erde, zwischen Rettung und Intrige, zwischen Erlösung und Kindermord.
So geschieht das Eingreifen Gottes in menschliche Machenschaften: Diskret und leise.
Die Sanftheit des Engels – gegen die Brutalität der Macht eines brutalen Königs. Es gibt einen rettenden Traum in der Ruhe der Nacht – gegen das menschliche Machtgetöse am Tage. Eine heilsame Berührung durch einen himmlischen Boten – gegen die Verletzungen durch Intrigen und Gehässigkeiten.
Ein zartes Wecken gibt den deutlichen Hinweis: Hier geht’s lang. Der Stern weist den rettenden Ausweg.
Vielleicht wäre es uns ja lieber, Gott hätte den drei Weisen den Auftrag gegeben, Herodes zu töten, damit die von ihm ausgehende Grausamkeit endlich ein Ende hat. Oder Gott hätte zumindest den Kindermord durch direkte machtpolitische Intervention verhindert.
So wünschen wir es uns oftmals: Dass Gott direkt eingreift. Manchmal wird die Frage laut: Warum verhindert Gott nicht das Böse?
Gott greift nicht lautstark ins Weltgeschehen ein und überrennt den Menschen und das, was dieser tut, und sei es noch so schlimm. Manchmal ist es schwer zu ertragen angesichts der Machtspiele und Hinterhältigkeit des Bösen oder angesichts der Dramatik des Gesche-hens.
Andererseits: würden wir das wollen – einen Gott, der sich aktiv in die Politik einmischt, der nach Menschenart schaltet und waltet?
Immer neue Fragen tauchen auf. Aber dass Gott nicht lautstark und gewaltsam eingreift, heißt eben nicht, dass er abwesend ist.
Kennen wir nicht vielmehr auch andere Erfahrungen, nämlich eine solche, von der diese Geschichte und dieses Bild erzählen?
Wenn Erlösung und Hoffnung in die Geschichten unserer Welt kommen, dann kommen sie anders als oft erwartet, leise, mit stillen Bewegungen.
Solche Erlösung und Rettung wird leicht übersehen und Berührung ignoriert. Man kann sie für einen Traum halten, dem man keine Bedeu-tung schenkt, man kann auch weiterschlafen und am nächsten Morgen in gewohnter Weise zur Tagesordnung übergehen. Aber wer eine zarte Berührung durch Gott selbst spürt, wacht auf, entdeckt einen rettenden Stern, meidet Machtspiele, weicht aus und geht behütet auf anderen Wegen durchs Leben. Vielleicht auf Umwegen, aber berührt und geweckt von einem himmlischen Boten.
Diese Szene finden Sie an einem Säulenkapitell in der Kathedrale Saint-Lazare in der französischen Stadt Autun im Burgund. Entstanden ist es im 12. Jahrhundert durch die Hand des Künstlers Gislebertus, einem bedeutenden Bildhauer des Mittelalters. Seit fast 900 Jahren ist sie dort zu sehen. Ganzjährig erinnert die Darstellung daran, dass Gott in unend-licher Zartheit eingreift, auch wenn die Welt noch so gottlos wirkt.
Ich hoffe, dass Engel unseren Gang durch diese Welt auf gute Wege lenken, ihn begleiten und uns bewahren.
Gott stärke uns auch in diesem, gerade erst vor einigen Tagen begonnen, Jahr in dieser Hoffnung. Er mache uns wach und aufmerksam für die Stille und Sanftheit seines Seins und seiner Berührungen.
AMEN
01.01. Neujahrsgottesdienst
hier die Predigt zum Nachhören
31.12. Altjahresandacht
finden Sie hier auf YouTube
27.12. Gottesdienst 1. Sonntag nach dem Christfest
hier als Lesegottesdienst
25.12. Weihnachtsgottesdienst mit Pastor i.R. Wolter
hier die Predigt zum Nachhören
24.12. Online-Gottesdienst aus der Dorfkirche Biestow
Bitte unten im Fenster klicken oder hier zu YouTube
24.12. Weihnachts-Familienfilm der Kirchenregion Rostock
hier auf YouTube.
(Kopie 1)
Gottesdienst am 27. Dezember 2020 - der 1. Sonntag nach dem Christfest
- ein Gottesdienst zum Lesen und im Wohnzimmer Singen -
"Und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit." (Joh 1,14b). Wir schauen zurück auf die Krippe, den leuchtenden Weihnachtsstern und den mit Lichterketten geschmückten Baum. Manche sagen vielleicht schon: Weihnachten sei vorbei. Aber der Glanz des Weihnachtsfestes ist noch ganz sichtbar und erlebbar. Er will uns auch weiter tragen.
Ein Lese-Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Lied: Jesus Christus ist geboren! Halleluja.
Halleluja und EG 34, Freuet euch, ihr Christen alle 1-2
1 Kann am Anfang und am Ende gesungen werden: Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja. Freuet euch, ihr Christen alle, freue sich, wer immer kann; Gott hat viel an uns getan. Freuet euch mit großem Schalle, dass er uns so hoch geacht', sich mit uns befreund't gemacht. Freude, Freude über Freude: Christus wehret allem Leide. Wonne, Wonne über Wonne: Christus ist die Gnadensonne.
2 Siehe, siehe, meine Seele, wie dein Heiland kommt zu dir, brennt in Liebe für und für, dass er in der Krippen Höhle harte lieget dir zugut, dich zu lösen durch sein Blut. Freude, Freude über Freude: Christus wehret allem Leide. Wonne, Wonne über Wonne: Christus ist die Gnadensonne.
Wir beten mit Worten aus Psalm 71
HERR, ich traue auf dich, lass mich nimmermehr zuschanden werden. Errette mich durch deine Gerechtigkeit und hilf mir heraus, neige deine Ohren zu mir und hilf mir! Sei mir ein starker Hort, dahin ich immer fliehen kann, / der du zugesagt hast, mir zu helfen; denn du bist mein Fels und meine Burg. Gott, sei nicht ferne von mir; mein Gott, eile, mir zu helfen! Ich aber will immer harren und mehren all deinen Ruhm. Mein Mund soll verkündigen deine Gerechtigkeit, täglich deine Wohltaten, die ich nicht zählen kann. Ich gehe einher in der Kraft Gottes des HERRN; ich preise deine Gerechtigkeit allein. Gott, du hast mich von Jugend auf gelehrt, und noch jetzt verkündige ich deine Wunder. Auch verlass mich nicht, Gott, im Alter, wenn ich grau werde, bis ich deine Macht verkündige Kindeskindern und deine Kraft allen, die noch kommen sollen. Amen.
Lied: EG 36, Fröhlich soll mein Herze springen, 1-2.5
1 Fröhlich soll mein Herze springen dieser Zeit, da vor Freud alle Engel singen. Hört, hört, wie mit vollen Chören alle Luft laute ruft: Christus ist geboren!
2 Heute geht aus seiner Kammer Gottes Held, der die Welt reißt aus allem Jammer. Gott wird Mensch dir, Mensch, zugute, Gottes Kind, das verbind't sich mit unserm Blute.
5 Nun er liegt in seiner Krippen, ruft zu sich mich und dich, spricht mit süßen Lippen: »Lasset fahrn, o liebe Brüder, was euch quält, was euch fehlt; ich bring alles wieder.
Das Evangelium des heutigen Sonntags steht im Lukasevangelium im 2.Kapitel. Der Text ist zugleich Grundlage der Predigt.
Und siehe, ein Mensch war in Jerusalem mit Namen Simeon; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war auf ihm. Und ihm war vom Heiligen Geist geweissagt worden, er sollte den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christus des Herrn gesehen. Und er kam vom Geist geführt in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, um mit ihm zu tun, wie es Brauch ist nach dem Gesetz, da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und sprach: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zum Preis deines Volkes Israel. Und sein Vater und seine Mutter wunderten sich über das, was von ihm gesagt wurde. Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass viele in Israel fallen und viele aufstehen, und ist bestimmt zu einem Zeichen, dem widersprochen wird – und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen –, damit aus vielen Herzen die Gedanken offenbar werden. Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuëls, aus dem Stamm Asser. Sie war hochbetagt. Nach ihrer Jungfrauschaft hatte sie sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt und war nun eine Witwe von vierundachtzig Jahren; die wich nicht vom Tempel und diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht. Die trat auch hinzu zu derselben Stunde und pries Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.
Amen.
Predigt von Vikar Tobias Lorenz
Liebe lesende Gemeinde!
Die großen 5.
Ein kleines Gedankenspiel, dass wir mit den unterschiedlichsten Kategorien spielen können. Es geht darum, 5 Dinge, Ideen oder Sonstiges in einer bestimmten Kategorie für sich selbst festzulegen. Ich selbst kenne diese Art über ein Thema ins Gespräch zu kommen aus einem Podcast, einer Art immer wiederkehrenden Radiosendung und finde die Idee sehr anregend. Was sind zum Beispiel ihre großen 5 Lieblingsgerichte für den Heiligen Abend?
Ich beginne bei Platz 3 – denn, wenn ich 5 Gerichte aufzähle, werde ich noch viel zu hungrig: bei mir würden sie auf Platz 3 die selbstgemachten Hamburger finden, auf Platz 2: Raclette und auf Platz eins einen Klassiker, den es wahrscheinlich in vielen Esszimmern am Heiligen Abend auf den Tischen gibt: Kartoffelsalat mit Würstchen. Das hat in diesem Fall auch mehrere gute Gründe. Zum einen schmeckt es mir einfach gut. Und zum anderen ist das Gericht relativ einfach und vor allem gut vorzubereiten. Gerade, wenn am Heiligen Abend zwischen Gottesdiensten, Andachten und den üblichen Festvorbereitungen (normalerweise) nicht so viel Zeit zum Kochen ist.
Die großen 5 bei Lukas.
Der Evangelist Lukas ist ein besonderer Autor. Die Sprachwissenschaftler*innen begeistert er, weil er grammatisch und strukturell auf einem hohen Niveau geschrieben hat. Aus theologischer Sicht ist Lukas besonders, weil ihm gleich 2 biblische Bücher, sein Evangelium und die Apostelgeschichte, zugeordnet werden. Und für mich ist er nicht zuletzt wegen seiner uns so vertrauten Weihnachtsgeschichte wichtig. Jedes Jahr erklingt sie zu Weihnachten in den Gottesdiensten und Andachten. Vielleicht lesen Sie die Geschichte auch zu Hause mit der ganzen Familie am Tannenbaum? In diesem Jahr wird sie wahrscheinlich so oft wie noch nie in Livestreams und vorher aufgezeichneten Videos auf Youtube, Instagram und Co direkt in unsere Wohnzimmer gebracht. Ehrlich gesagt wird mir auch nicht langweilig dabei, wenn ich die Geschichte jedes Jahr wieder und wieder höre. Ich höre sie jedes Jahr nämlich ein bisschen anders. Ein anderes Wort, eine andere Person werden für mich ganz neu wichtig. Ich höre sie aber auch ein bisschen gleich: denn mit Weihnachten verbinde ich ein positives und schönes Gefühl. Die Heilig Abenderinnerungen meiner Kindheit schwingen mit, wenn ich die Geschichte höre. Ich sehe mich mit meiner Familie am Heiligen Abend durch das Schneetreiben zur kleinen Dorfkirche laufen. Fußspuren bleiben hinter uns. Und vor uns das Leuchten des Weihnachtsbaums, der direkt neben dem Altar steht. Ich erinnere mich an ein warmes Licht, das mich bis heute wärmt. Alles ist da: der Duft der Tanne, die andächtige Stimmung im Gottesdienst und die Vorfreude auf das noch nicht geöffnete Weihnachtszimmer.
Im Lukasevangelium steht die Weihnachtsgeschichte im Kontext mehrerer Geschichten, die mit der Geburt Jesu Christi verbunden sind. Und immer wieder wird die Erzählung durch poetische, Gott lobende Texte durchbrochen: 5 an der Zahl. Ich habe mich gefragt, ob das vielleicht die großen 5 Texte des Lukas sind? Sätze, Gedichte oder Lieder, die auch ihm besonders am Herzen lagen? Zumindest sind die Texte des Lukas in gesprochene und gesungene Gebete der christlichen Kirchen tief eingegangen. Und bis heute tragen sie die Weihnachtsfreude weit über die gerade vergangenen Festtage hinaus. Diese Worte schaffen es, mich auch nach Weihnachten an Weihnachten festzuhalten. Denn gewiss feiern wir Weihnachten nur einmal im Jahr. Aber die Geburt Jesu, die Geburt dessen, der ohne Bedingungen und über Grenzen hinweg liebt, will ganzjährig wirksam sein.
Vielleicht sind es ja die großen 5 weihnachtlichen Texte aus dem Lukasevangelium, die Weihnachten (mindestens in meinem Herzen) verlängern.
Wenn ich mich von dieser besonderen Frau, Maria, erstaunen und innerlich berühren lasse – gesegnet seist du Maria (Ave Maria).
Wenn ich mich immer wieder neu an einen Gott hänge, der Gewalt und Unterdrückung nicht will und die Hungrigen sättigt – meine Seele erhebt Gott (Magnificat).
Wenn ich gewiss sein darf, dass meine Bitte um Vergebung erhört wird und ich die Kraft habe zu vergeben – gelobt sei Gott (Benedictus).
Wenn ich mich freue und den Frieden spüre – Ehre sei Gott (Gloria).
Und wenn ich schließlich dankbar erkenne, dass Gott sich mit diesem Baby in der Futterkrippe allen Menschen in Liebe zuwendet. Nein, er zieht keine Grenzen zwischen Nationen, zwischen Frauen, Männer und Diversen. Mein Gott baut keine Mauern, sondern Brücken. Groß und tragfähig. Und das fürs ganze Jahr, sodass Weihnachten bleibt:
„Gott, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren (Nunc dimittis),
wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen,
das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht zur
Erleuchtung der Heiden und zum Preis deines Volkes Israel.“
Amen.
PS.: zum Nachschlagen, wenn Sie mögen:
* Ave Maria: Lukas 1,42
* Magnificat (Lobgesang der Maria): Lk 1,46-55
* Benedictus (Lobgesang des Zacharias): Lk 1,68-79
* Gloria (Ehre sei Gott der Engel auf dem Feld): Lk 2,14
* Nunc dimittis (Lobgesang des Simeon): Lk 2,29-32
Wir beten:
Wir sehen dich mit Freuden an, du Kind in der Krippe, du Wunder, du Gesicht der Liebe. Du zeigst uns die Welt, wie sie sein soll.
Friedlich und gerecht. Verwandele du die Welt, damit sie so wird
wie du bist.
Du Kind in der Krippe, du zeigst uns die Schöpfung, wie sie sein soll. Unverletzt und unendlich schön. Heile die Wunden der Schöpfung, atme mit den Bäumen und tanze mit den Sternen, damit sie so sind, wie du bist.
Du Kind in der Krippe, du zeigst uns deine Kirche, wie sie sein soll.
Barmherzig, demütig, einig und an der Seite der Schwachen. Begeistere deine Gemeinde, damit sie so ist, wie du bist.
Du Kind der Maria, dich haben die Engel besungen, stärke unsere Sehnsucht nach tiefem Glück. Dich haben die Hirten angebetet, schenke uns Kraft und Ausdauer im Einsatz für unsere Nächsten.
Du Kind Gottes, lass uns darauf vertrauen, dass du an unserer Seite bist. Im Leben wie im Sterben. Stehe besonders den Menschen in ihrer Trauer bei, die nahe Angehörige verloren haben.
In der Stille bringen wir alles vor dich, was wir auf dem Herzen haben. (Hier ist eine Möglichkeit still zu werden).
Wir beten mit den Worten, die du uns gegeben hast:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und
die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Lied: EG 65, Von guten Mächten, 1.5.6.
1 Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.
5 Lass warm und hell die Kerzen heute flammen, die du in unsre Dunkelheit gebracht, führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen. Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
6 Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so lass uns hören jenen vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet, all deiner Kinder hohen Lobgesang.
Es segne und behüte uns Gott. Er begleite uns als Licht auf unserem Lebensweg. Er halte uns in seiner wärmenden Hand. Amen.